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Susan Neiman: „Von den Deutschen lernen“

„Die Aufarbeitung des Nationalsozialismus in der DDR verlief für lange Zeit viel intensiver als im Westen.“

Mit unter anderem dieser These trat die amerikanisch-jüdische Autorin Susan Neiman in unserer Online-Diskussion zu ihrem Buch Von den Deutschen lernen -  Wie Gesellschaften mit dem Bösen in ihrer Geschichte umgehen können (Hanser) auf.

Susan Neiman kam in den 80er Jahren aus Georgia, dem amerikanischen Süden, nach Berlin. Vierzig Jahre nach Kriegsende taten das sehr wenige Amerikaner, aber so gut wie keine Juden. Heute ist sie Direktorin des Einstein Forums in Potsdam.

Im Gespräch erzählte sie von der Entstehung des Buches: Bewegt durch das Attentat in Charleston 2015 auf neun afroamerikanische Kirchgänger und die Rede des damaligen Präsidenten Obama, wollte Neiman einen Beitrag gegen Rassismus in ihrer Heimat leisten. Ihr Blick fiel nach Deutschland: Wie hat die Vergangenheitsbewältigung in Deutschland im Alltag funktioniert? Wie funktioniert sie heute noch?

„Ich wollte Leute interviewen.“ Es sollten möglichst viele Stimmen zu Wort kommen aus Deutschland aber auch aus dem tiefsten Süden der USA, Mississippi. Entstanden ist ein autobiografisches Sachbuch mit Reflektionen, Interviews und Geschichten.

Sie sieht sich als Autorin in einer besonderen Rolle: Zum Einen ist sie als ‚weißes‘ Mädchen im Süden der Rassentrennung aufgewachsen, zum Anderen ist sie als erwachsene Jüdin in das Deutschland der  gerade beginnenden Vergangenheitsbewältigung gezogen.

Susan Neiman beklagte in der Diskussion, dass es keine gesamtdeutsche Erinnerung an die Nachkriegszeit gebe und führte an: „Es wird keine geistige Wiedervereinigung geben, bis (Ost und West) die Vergangenheit miteinander aufarbeiten.“ Aber auch Vergangenheitsaufarbeitung sei keine Impfung gegen Rassismus, wie Neiman in Bezug auf die Frage, wie sie sich das Wiedererstarken der Rechten besonders in Ostdeutschland erkläre.

Im Gespräch mit PD Dr. Elisabeth Schäfer-Wünsche von der Uni Bonn kam das Gespräch unter aktiver Einbeziehung des Online-Publikums auch immer wieder auf die aktuelle politische Lage in den USA, und speziell auf die wiedererstarkte Black-Lives-Matter-Bewegung.

Die Veranstaltung fand in Kooperation mit der Konrad-Adenauer-Stiftung statt. Wir bedanken uns bei allen Beteiligten für die spannende, erkenntnisreiche Diskussion!

Die Aufzeichnung finden Sie unter: https://youtu.be/j3S06JyNPgU

 

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