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Präsident Bidens State-of-the-Union-Address 2022: Einigkeit in Blau-Gelb

Anlässlich der ersten State-of-the-Union-Rede von US-Präsident Joe Biden hatten wir am Mittwoch, den 2. März 2022 die US-Experten Dr. Natalie Rauscher und Dr. Florian Böller als virtuelle Gäste. Wie schon bei früheren vergleichbaren Formaten wurde eingangs ein Clip mit Ausschnitten aus der Rede vom Vorabend gezeigt. Im Anschluss hielten die Referenten kurze Impulsvorträge zu den innenpolitischen (Rauscher) sowie außen- und sicherheitspolitischen (Böller) Themen. Danach diskutierten und analysierten die beiden die State-of-the-Union Address des US-Präsidenten. Geleitet wurde das Gespräch von Dr. Benjamin Becker, Direktor des AmerikaHaus NRW e.V.

Trotz der starken politischen Polarisierung schaffte es Präsident Biden an einigen wenigen Stellen, überparteiliche Zustimmung zu erhalten: vor allem im Kontext des Russland-Ukraine-Kriegs, der gleich zu Beginn mit dem längsten Redeanteil thematisiert wurde. Hierbei war die Botschaft klar: Freiheit und Demokratie müssten bewahrt werden, Russland müsse isoliert werden und die amerikanische Solidarität gelte voll und ganz der Ukraine. Biden versprach, die wirtschaftlichen Konsequenzen für die USA kleinstmöglich zu halten und nicht militärisch einzugreifen, solange keine NATO-Mitgliedstaaten angegriffen würden – letzteres wiederum benannte er dann aber als klare rote Linie, hinter die die USA „not a single inch“ zurückweichen würden.

In seiner Analyse betonte Dr. Florian Böller, dass der Krieg in der Ukraine nun alle anderen außenpolitischen Themen überlagere und Biden seinen ursprünglichen Plan, sich vollkommen auf die Konkurrenz mit China zu fokussieren, nicht werde umsetzen könne. Böller erklärte jedoch auch, dass Bidens Bilanz besser sei, als die Umfrageergebnisse dies vermuten ließen. Immerhin müsse man Bidens Ausgangssituation in Betracht ziehen: einen Amtsantritt mitten in einer Pandemie, zumal mit Donald Trump als Vorgänger, den Böller als „Abrissbirne in der Außenpolitik“ bezeichnete. Den Truppenabzug aus Afghanistan – den Biden überraschenderweise in keinster Weise erwähnte! – beurteilte Böller als langfristig positiv, da Biden letztlich einer Wählerforderung nachgegangen sei. Außerdem habe der US-Präsident bereits einige seiner innenpolitischen Ziele durchsetzen können.

Zur Innenpolitik erklärte Dr. Natalie Rauscher, dass Bidens Agenda eine deutliche Handschrift habe. Da Biden bloß ein Kompromisskandidat der Demokratischen Partei gewesen sei, sei von Beginn an klar gewesen, dass der linke Flügel der Partei starke Forderungen stellen werde. Diese seien vor allem in Wirtschaftsreformen wie dem 2021 verabschiedeten Rescue Plan enthalten gewesen. Ein weiterer (überparteilicher) Erfolg sei der Infrastrukturplan gewesen, der jedoch – anders als ursprünglich geplant und zur großen Kritik des linken Flügels der Demokraten – losgelöst von größeren Sozialreformen verabschiedet worden sei. Trotz dieser Erfolge, so Rauscher, würden Bidens ökonomischen Erfolge aktuell von der hohen Inflationsrate überschattet. Überparteilichen Zuspruch fänden dafür Themen wie Hilfen für Veteranen (ein traditionell wichtiges Thema in den USA), medizinische Forschung und die Regulierung von Big-Tech- und Social-Media-Unternehmen. Jedoch sei die Polarisierung damit noch lange nicht überwunden, da Einigkeit, wenn überhaupt, nur bei verhältnismäßig unpolitischen Themen herrsche.

Nach einer spannenden Diskussion mit interessierten Fragen aus dem Publikum endete die Veranstaltung mit einer Analyse der Symbolik, die in diesem Jahr voll und ganz im Kontext der Solidaritätsbekundung mit der Ukraine stand: Nach den weiß gekleideten Demokratinnen aus dem Jahr 2019 werden die blau-gelben Flaggen und Kleidungsstücke der diesjährigen Rede wohl ebenfalls in die Geschichtsbücher eingehen.  

Einen Mitschnitt der Veranstaltung finden Sie auf unseren You-Tube-Kanal: https://youtu.be/gxyBpOsaUmk

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