Demokratie und Streit in den USA - Vorbild oder Warnung für Deutschland?
Unter der Überschrift „Demokratie und Streit in den USA: Vorbild oder Warnung für Deutschland?“ stand ein Gesprächsabend, den der AmerikaHaus NRW e.V. am 12.09. 2023 gemeinsam mit dem Herbert von Halem Verlag durchführte. Der Autor des gleichnamigen Buches Dr. Tobias Endler diskutierte auf der Bühne des Kölner Atelier Theaters mit dem Journalisten und Politikexperten Dr. Leonard Novy.
Mit Blick auf politische und gesellschaftliche Entwicklungen, wie beispielsweise die Spaltung der Bevölkerung, seien die USA Deutschland oft um ein paar Jahre voraus, so Endler einleitend. Auch wenn viele Deutsche inzwischen eher kritisch auf Amerika schauten, so lohne sich der Abgleich „aus sicherer Distanz“ doch, um sich auf bevorstehende Veränderungen vorzubereiten, geeignete Ansätze für uns zu adaptieren, aber auch um aus den dort begangenen Fehlern zu lernen. Zudem sei eine gründliche Beschäftigung mit der Verfasstheit unserer Demokratie gerade jetzt von großer Bedeutung, weil Transformation eine gesellschaftliche Verständigung voraussetze.
Im Zentrum des folgenden Gesprächs stand die Frage, wie ein konstruktiver demokratischer Diskurs im Zusammenspiel zwischen Politik, Medien und Gesellschaft gelingen kann. Endler und Novy zeigten sich einig, dass in Deutschland – anders als in den USA – versucht werde, „alle mitzunehmen“, obwohl das nicht gelingen könne. Es gebe eine kleine Gruppe von Menschen, die politisch-gesellschaftlich nicht erreichbar sei. In den USA sei die Bereitschaft größer, sich klar zu positionieren, solange man damit eine Mehrheit anspreche. Auch fehle es den etablierten Parteien in Deutschland an einer politischen Erzählung, abgesehen von einer geschichtlich orientierten. Es bedürfe aber dringend eines positiven, zukunftsorientierten Narrativs, gerade im Wettstreit mit Rechtspopulisten, die aus Sicht ihrer Anhänger eine überzeugende politische Erzählung hätten. Ein weiteres Problem, so Novy, liege in der medialen Vermittlung politischer Ziele. Es gehe in der Berichterstattung zu oft um Taktik und zu wenig um Inhalte.
Zugleich, so die Redner, sei die Teilnahme am öffentlichen Diskurs Pflicht aller Mitglieder einer demokratischen Gesellschaft. Ein gesunder Diskurs wirke in die Breite und binde unterschiedlichste Bevölkerungsgruppen und Perspektiven ein. Als Grundregel müsse dabei gelten, dass sich jede und jeder gehört fühlt und es gleichzeitig akzeptiert, wenn sich eine andere Meinung durchsetzt. Zur Demokratie gehörten verschiedene Meinungen dazu; entscheidend sei, dass der Prozess der Entscheidungsfindung – der Auswahl einer Position aus vielen – transparent sei. Im regen Austausch mit dem Publikum wurde noch ein weiteres Element konstruktiver Debatten ergänzt, nämlich das Handeln „in good faith“, also von der Prämisse aus, dass das Gegenüber einem selbst nichts Böses wolle.
„Wir sollten alle bereit sein, in den öffentlichen Diskurs zu investieren. Und zwar unabhängig davon, ob wir von dem Ergebnis profitieren“, appellierte Tobias Endler abschließend an die Gäste.
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